Siegbert Uhlig

Siegbert Uhlig (* 16. Februar 1939 in Königsberg) ist ein deutscher Wissenschaftler; er ist emeritierter Professor der Universität Hamburg.[1]

Uhlig ist vor allem wegen seiner Beiträge zur Äthiopistik bekannt, insbesondere durch seine Arbeit an der Encyclopaedia Aethiopica. Er entwickelte das Projekt, übernahm die wissenschaftliche Leitung der Enzyklopädie und gab sie heraus.[2] Seine Forschungen umfassen die äthiopische Paläographie, die Veröffentlichung äthiopischer Textausgaben biblischer Bücher (Ge’ez) und die Edition des Äthiopischen Henochbuchs in deutscher Sprache.[3] Er gründete die Zeitschrift Aethiopica, die als Forum für wissenschaftliche Diskussionen auf diesem Gebiet dient.[4] Darüber hinaus gründete er die DeutschÄthiopischeStiftung, die die äthiopistische Forschung und den wissenschaftlichen Nachwuchs dieses akademischen Faches fördert.[5]

Ausbildung

Uhlig studierte Theologie von 1957 bis 1961 am Theologischen Seminar Friedensau. 1969 promovierte er in Evangelischer Theologie an der Universität Rostock mit einer Arbeit über August Wilhelm Dieckhoffs Stellungnahme zu kirchenpolitischen und theologischen Fragen seiner Zeit. Im Jahr 1980 promovierte er zum zweiten Mal in Orientalistik an der Universität Hamburg. 1985 habilitierte er sich im Fach Äthiopistik an der Universität Hamburg mit einer Untersuchung zur äthiopischen Paläographie.[1]

Karriere

Uhlig war von 1961 bis 1976 Pastor einer protestantischen Freikirche (Adventisten). Zwischen 1980 und 1985 bearbeitete er ein Forschungsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur äthiopischen Paläographie. Von 1985 bis 1990 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für Historische Palästinakunde der Universität Osnabrück. Während dieser Zeit wurde er zum Außerplanmäßigen Professor ernannt. 1990 berief ihn die Universität Hamburg zum Ordentlichen Professor für Afrikanistik mit dem Schwerpunkt Äthiopistik. Diese Position hatte er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2004 inne. Von 1997 bis 1999 war er Dekan der Fakultät für Orientalistik der Universität Hamburg. 1998 gründete er die Zeitschrift Aethiopica. International Journal of Ethiopian and Eritrean Studies und zusammen mit der Universität Hamburg 2002 die Forschungsstelle für Äthiopistik, das heutige Hiob Ludolf Centre for Ethiopian and Eritrean Studies.[6] Von 1994 bis 2009 gab Uhlig die Monographienreihe Aethiopistische Forschungen heraus. Als wissenschaftlicher Leiter und Herausgeber des internationalen Projekts der Encyclopaedia Aethiopica wirkte Uhlig von 1998 bis 2010.[2]

Im Jahr 1999 gründete Uhlig die DeutschÄthiopische Stiftung zur Förderung der äthiopistischen Forschung und zur Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses des Faches.[5] Finanziert aus Privatmitteln und der DeutschÄthiopischen Stiftung errichtete er 2003 die Hiob-Ludolf-Gastprofessur, die Themen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft behandelt.[7]

Werke

Uhligs Hauptwerk ist die Encyclopaedia Aethiopica, an deren Herausgabe er rund 20 Jahre gearbeitet und vier von fünf Bänden herausgegeben hat. Die wissenschaftliche Enzyklopädie mit 4.365 Artikeln entstand in Zusammenarbeit mit 275 Fachkollegen aus 40 Ländern und stellt Beiträge über Äthiopien und die benachbarten Regionen zur Verfügung; sie behandelt Themen aus Geschichte, Sprachen, Literatur, Ethnologie, Religion, Kultur, Gesellschaft und Kunst.[2]

Sein Werk Äthiopische Paläographie (1988) liefert Forschungsergebnisse für die chronologische Klassifizierung äthiopischer Handschriften; eine gekürzte Fassung ist die Introduction to Ethiopian Palaeography (1990)..[8]

2017 erschien der illustrierte Band Ethiopia - History, Culture, and Challenges, der Geografie, Geschichte, Kulturen, Religionen, Gesellschaft, Politik, zeitgenössische Entwicklungen und Herausforderungen thematisiert, den Uhlig mit Kollegen veröffentlichte.[9] Eine deutsche Ausgabe des Buches mit dem Titel Äthiopien - Geschichte, Kultur, Herausforderungen, erschien 2018.[10]

Mit Gernot Bühring hat Uhlig 1994 ein seltenes Frühwerk zur äthiopischen Geschichte, Damian de Góis' Werk über den Glauben und die Sitten der Äthiopier aus dem Jahr 1540 herausgegeben und kommentiert.[11]

Forschung

Uhlig hat vor allem grundlegende Arbeiten zur Äthiopistik vorgelegt. Zu Beginn seiner Karriere standen paläographische und kodikologische Untersuchungen im Vordergrund seiner Forschungsinteressen, später verlagerte sich der Schwerpunkt auf textkritische Beiträge. In jeder Phase seiner Forschung galt sein Interesse der Übergangszeit von der vorwissenschaftlichen Äthiopienkunde zur Etablierung der wissenschaftlichen Äthiopistik, wie etwa die Arbeiten zu Damian de Góis und Ludolf belegen.[11]

Der strategische Schwerpunkt von Uhligs Wirken liegt in der Bereitstellung grundlegender Materialien zur Äthiopistik, wie der Encyclopaedia Aethiopica, womit er zur internationalen Anerkennung dieses akademischen Faches beigetragen hat.[5]

Ausgewählte Bücher

  • Das äthiopische Henochbuch. Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit V 6 (1984) ISBN 9783579039565
  • Äthiopische Paläographie (1988) ISBN 9783515045629
  • Novum Testamentum Aethiopice: Die Gefangenschaftsbriefe (1993) ISBN 3515054472
  • Damian de Góis’ Schrift über Glaube und Sitten der Äthiopier (1994) ISBN 9783447035125
  • Encyclopaedia Aethiopica (2003–2014) ISBN 9783447047463

Ausgewählte Artikel

  • Uhlig, S. (1988), Ludolfs Deutung der äthiopischen Geschichte des 17. Jahrhunderts in der ‚Schaubühne der Weltgeschichte‘. Afrika und Übersee 71(2), 267–286.
  • Uhlig,S. (1989), Ein pseudepigraphischer Actaschluss in der äthiopischen Version, Oriens Christianus 73,129-136.
  • Uhlig, S. (1999), Dǝrsan des Yaʿqob von Sǝrug für den vierten Sonntag im Monat Taḫśaś. Aethiopica, 2, 7-52.
  • Uhlig, S. (2001), Eine trilinguale ʿEzana-Inschrift. Aethiopica, 4, 7-31.
  • Uhlig, S. (2003), Bible: Biblical text criticism, Encyclopaedia Aethiopica I, 565–569
  • Uhlig, S.(2007), Ludolf, Hiob, Encyclopaedia Aethiopica III, 601–603.
  • Literatur von und über Siegbert Uhlig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Siegbert Uhlig im Hamburger Professorinnen- und Professorenkatalog

Einzelnachweise

  1. a b Ethiopian heritage achievers honoured with Bikila Awards. In: Ron Fanfair. 18. Oktober 2018; abgerufen im 1. Januar 1. 
  2. a b c Encyclopaedia Aethiopica. Abgerufen im 1. Januar 1 
  3. Das äthiopische Henochbuch. via Internet Archive, 15. Februar 1984; abgerufen im 1. Januar 1. 
  4. About the Journal | Aethiopica. In: journals.sub.uni-hamburg.de. Abgerufen im 1. Januar 1 
  5. a b c DeutschÄthiopischeStiftung. In: betterplace.org. Abgerufen im 1. Januar 1 
  6. About HLCEES. In: www.aai.uni-hamburg.de. Abgerufen im 1. Januar 1 
  7. DEUTSCHÄTHIOPISCHE STIFTUNG. Abgerufen im 1. Januar 1 
  8. Introduction to Ethiopian palaeography / by Siegbert Uhlig - Catalogue | National Library of Australia. In: catalogue.nla.gov.au. Abgerufen im 1. Januar 1 
  9. Siegbert Uhlig (Hrsg.): Ethiopia: History, Culture and Challenges (= Afrikanische Studien] = [African studies). Lit ; Michigan State University Press, 15. Februar 2017 (stanford.edu). 
  10. Äthiopien - Geschichte, Kultur, Herausforderungen. Abgerufen im 1. Januar 1 
  11. a b Damião de Góis, Siegbert Uhlig, Gernot Bühring (Hrsg.): Damião de Góis: Damian de Góis' Schrift über Glaube und Sitten der Äthiopier (= Aethiopistische Forschungen. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1977- ; ZDB-ID: 544187-0). Harrassowitz, 1994, ISBN 978-3-447-03512-5 (gbv.de). 
Normdaten (Person): GND: 128931256 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n85163256 | VIAF: 262611181 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Uhlig, Siegbert
KURZBESCHREIBUNG deutscher Afrikanist
GEBURTSDATUM 16. Februar 1939
GEBURTSORT Königsberg (Preußen)